„Jede Therapie, die nur die Symptome behandelt ist keine ausreichende Therapie. Die beste Behandlung ist diejenige, die wieder die natürliche Balance und Ordnung herstellt und keine anderen Dysbalancen hervorruft“ (Charaka Samhita)
Charaka war ein indischer Arzt, der eines der Kernstücke der ayurvedischen, medizinischen Literatur verfasst hat.
Ayurveda sieht Gesundheit nicht als einen statischen Zustand sondern als einen dynamischen Prozess. Jeder hat, gemäß seines individuellen Doshas, eine natürliche Balance die dem Stadium perfekter Gesundheit entspricht. Krankheiten unterliegen daher einem ähnlichen dynamischen Prozess bei dem viele unterschiedliche Faktoren zu einer Dysbalance führen können.
Daher wachen wir nicht eines Morgens auf und eine bestimmte Krankheit ist plötzlich da. Die Dysbalance, wie Krankheiten im Ayurveda genannt werden, entwickelt sich langsam und progredient. Manchmal braucht es dafür Wochen, manchmal mehrere Jahre.
In der ayurvedischen Medizin spricht man von sechs Stadien, die jede Dysbalance durchläuft. Idealerweise wird eine Erkrankung schon im ersten Stadium erkannt. Dort kann sie natürlich noch am einfachsten wieder ausgeglichen werden. Doch meist sind die Auswirkungen zu diesem Zeitpunkt noch sehr gering oder werden ignoriert, sodass sich die Dysbalance weiter entwickelt.
Dies wäre der Zeitpunkt bei dem regelmäßige präventive Arztbesuche und Check-ups, bei denen genau solche Dysbalancen erkannt werden, erfolgreich eingreifen könnten.
Unsere Ernährung, unser Lebensstil und unsere psychische Verfassung spielen natürlich in jedem der folgenden Stadien eine entscheidende Rolle.
Inhaltsverzeichnis
1Ansammlung & Akkumulation (Samcaya)
Hinter jeder Erkrankung liegt ein Ungleichgewicht der Doshas. Im ersten der Ayurveda Krankheitsstadien kommt es zu einer Ansammlung oder Stauung des entsprechenden Doshas an seinem Sitz im Körper. Für Kapha wäre dies beispielsweise der Brustraum, Pitta sitzt im Oberbauch und Vata im Unterbauch.
Sammelt sich das entsprechende Dosha schneller an, als unser Körper es ausscheiden kann, so entsteht eine Akkumulation.
In diesem ersten Stadium können unspezifische Symptome, wie Unwohlsein, leichte Beschwerden in der entsprechenden Region, aber auch gar keine Auffälligkeiten auftreten.
Häufig schafft es unser Körper an diesem Punkt glücklicherweise seine eigene Balance wieder herzustellen, wenn man ein gutes Körpergefühl hat und auch darauf hört. Liegt man beispielsweise während der Weihnachtsfeiertage vermehrt auf der Couch und isst viel zu viel Süßes und Fettiges fühlt man sich sicherlich nach einigen Tagen träge und überfüllt. Hier hat sich eine erste Dosha Dysbalance eingestellt. Fängt man aber nun wieder an gesund, leicht und ausgewogen zu essen und bewegt sich wieder mehr, so stellt sich wieder das natürliche Gleichgewicht ein.
Würden wir bei dem Feiertagslebensstil langfristig bleiben könnten sich weitere Symptome und langfristig Erkrankungen einstellen.
2Verschärfung & Verschlechterung (Prakopa)
Wenn die aufgetretene Dysbalance nicht behoben wird und das Dosha sich ungehindert weiter ansammeln kann, kommt es im zweiten der Ayurveda Krankheitsstadien zu einer Verschärfung und Verschlechterung der aktuellen Situation. Eine zu hohe Pitta Ansammlung im Magen kann während des ersten Stadiums vielleicht zu leichten Sodbrennen führen, im zweiten Stadium dann aber schon zu einer heftigeren Symptomatik, beispielsweise ausgeprägte Magenschmerzen.
Nun sind die Symptome meist schon deutlich wahrnehmbar, können häufig aber noch verdrängt oder im Alltag ignoriert werden, so dass viele Menschen weiter „funktionieren“ und nicht zum Arzt gehen.
3Ausbreitung (Prasara)
In dem dritten der Ayurveda Krankheitsstadien breitet sich die vermehrte Dosha-Ansammlung von seiner eigentlichen Lokalisation weiter in den Körper aus. Es können Folgeerkrankungen oder Symptomatiken in anderen Körperbereichen auftreten.
Häufig greifen ab diesem Stadium eine reine Lebensstilumstellung, sowie verbesserte Ernährung, nicht mehr effektiv, sondern weitere Therapieverfahren (z.B. Kräuterpräparate) kommen zum Einsatz.
4Neuverteilung (Sthanasamsraya)
Wenn die Ausbreitung des übermächtigen Doshas im vorherigen Stadium nicht gestoppt werden konnte kann es sich in den weiteren Ayurveda Krankheitsstadien in anderen Organsystemen absetzen. Dort kann es wiederum zur eigenen Manifestation und Ausbildung neuer bzw. anderer Symptome kommen. Diese werden häufig nicht mehr so offensichtlich mit der ursprünglichen Dosha-Akkumulation in Verbindung gebracht und als eigene Dysbalance interpretiert.
5Manifestation (Vyakti)
Ab Stadium 5 der Ayurveda Krankheitsstadien sind die Symptome so ausgeprägt, dass sie nicht mehr zu ignorieren sind. Die meisten Menschen, gerade in der westlichen Welt, begeben sich ab jetzt zu ihrem Hausarzt um die handfesten Beschwerden abklären zu lassen. Meist kommt es in diesem Stadium zu einer konkreten Diagnose und umfassenden Therapie.
6Chronifizierung (Bheda)
In diesem letzten Stadium der Ayurveda Krankheitsstadien hat sich die Dysbalance soweit ausgebreitet und gefestigt, dass es zu einer Chronifizierung der Symptomatik und zu Komplikationen kommen kann. Strukturelle Veränderungen an den Organen können schon stattgefunden haben.
Es ist gar nicht so selten, dass eine Erkrankung erst an diesem Punkt diagnostiziert wird. Ein gutes Beispiel dafür ist der Diabetes mellitus Typ 2. Wenn diese Stoffwechselerkrankung erst spät diagnostiziert wird, kann es schon zu vielen Schäden im gesamten Körper gekommen sein.
In allen Ayurveda Krankheitsstadien hilft natürlich eine gesunde Lebensführung und passende Ernährung. Je weiter die Dysbalance aber schon fortgeschritten ist, desto komplexer gestaltet sich die Therapie. Die ersten drei Stadien könnte man aus schulmedizinischer Sicht als Vorstufen einer Erkrankung einstufen, die letzten drei Stadien beschäftigen sich hingegen mit manifesten Erkrankungen.
Aus ayurvedischer Sicht müssen also noch keine „handfesten“ Erkrankungen vorliegen um zu handeln. Es wird bestrebt jede Dysbalance wieder zu ihrem natürlichen Ausgleich zu bringen. Hierin liegt der große präventive Aspekt der ayurvedischen Medizin.
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Interessanter Beitrag… und die Verknüpfung bzw. Ergänzung der Schulmedizin würde vielen sicher gut tun 🙂
Danke